Mikroplastik und Kunstrasengranulat - Ergebnisse eines OB-Termins

Informationen zum Problem Mikroplastik auf unserem Kunstrasenplatz

Am vergangenen Freitag lud Oberbürgermeister Dr. Bernd Wiegand die in Halle betroffenen Sportvereine zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Füllstoffe in Kunstrasensystemen ein. Selbstverständlich nahmen wir von Turbine Halle an diesem Zusammentreffen teil, um uns ein klares Bild der Problematik erarbeiten zu können. Natürlich sind wir uns als Verein der Mikroplastikproblematik bewusst, wünschen uns aber auch in Hinblick auf das Kunststoffgranulat eine Versachlichung der Diskussion. Aus diesem Grund führen wir als Ergebnis des OB-Termins zum besseren Verständnis hier einige Fakten auf, da die Informationskette der Medien, die sich mit diesem Thema beschäftigen, doch sehr lückenhaft ist:

Im Rahmen der EU-Kunststoffstrategie hat die Europäische Kommission (KOM) im Januar 2018 das Sekretariat der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) aufgefordert, eine Beschränkung für absichtlich zugesetztes Mikroplastik im Rahmen der REACH-Verordnung (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) zu prüfen. Am 20.März 2019 hat das ECHA-Sekretariat auf seiner Homepage den Entwurf für eine Mikroplastik-Beschränkung veröffentlicht und damit die öffentliche Konsultation gestartet, in deren Rahmen zusätzliche Informationen eingereicht oder Stellungnahmen abgegeben werden können. Der ECHA geht es dabei ausschließlich um den Neueintrag oder das Nachfüllen von Kunststoffgranulat und nicht um den Abriss bestehender Sportplätze. Auch steht nicht der Kunstrasen im Fokus, sondern einzig das Granulat.

Auslöser der Diskussion war eine Aussage des Fraunhofer-Instituts, wonach jährlich ca. 11.000 Tonnen Gummigranulat von Kunstrasenplätzen abgetragen werden und in die Umwelt gelangen. Festzuhalten ist, dass die tatsächlichen Mengen an freigesetztem Mikroplastik in Form von Kunststoffgranulaten derzeit nicht bekannt sind. Das Institut ging von einem Worst-Case Szenario aus, um das Thema auf diese Art zu sensibilisieren. Aktuell will das Institut neue, nachweisbare Zahlen veröffentlichen, um die Debatte auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen.

Im Anschluss an die öffentliche Diskussion der ECHA beginnen die fachlichen Prüfungen. Verschiedene Ausschüsse beschäftigen sich mit dem Thema; Ergebnisse werden frühestens in einem Jahr erwartet. Aufgrund dieser Ergebnisse wird die EU-Kommission einen Regulierungsvorschlag erarbeiten. Dieser wird dann von den Mitgliedsstaaten beraten.

Die EU Kommission hat in einer Erklärung bereits folgendes klargestellt:
Die Kommission wird im kommenden Jahr prüfen, ob die Bedingungen für eine Beschränkung für Mikroplastik im Rahmen der REACH-Verordnung erfüllt sind. Eine Beschränkung kann ein Verbot sein, oder auch andere Vorgaben, um die umweltschädlichen Auswirkungen von Mikroplastik zu minimieren. Bei der Ausarbeitung ihres Vorschlags wird die Kommission sicherstellen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen sowohl wirksam sind, um die Freisetzung von Mikroplastik zu verringern, als auch verhältnismäßig mit Blick auf die gesellschaftlichen Auswirkungen. Die EU-Kommission ist sich dessen bewusst, dass Sportplätze bei der Förderung von körperlicher Bewegung, Gesundheit und sozialer Integration in der gesamten EU eine übergeordnete Rolle spielen.

Der deutsche Städte und Gemeindebund hat erklärt, dass bei einem Verbotsfall der Übergangs-und Bestandsschutz so geregelt sein muss, dass bereits bestehende Plätze mindestens noch bis zum Ende ihrer jeweiligen Lebensdauer genutzt werden können. Betroffen davon wäre eine sechsstellige Zahl an Sportlerinnen und Sportlern, darunter ein Großteil Kinder und Jugendliche, deren Betätigungsmöglichkeiten auf unbestimmte Zeit sehr stark eingeschränkt wären. Die Stadt Halle weist in Person ihres Oberbürgermeisters ausdrücklich darauf hin, dass unser Platz 2017 nach gültigem Recht gebaut wurde und somit keinerlei Nutzungseinschränkungen unterliegt.

Schlussendlich bleibt festzustellen, dass die Diskussion erst am Anfang steht; dass sich die verantwortlichen Gremien erst ein genaues Bild der Problematik erarbeiten müssen und dass der gesellschaftliche Stellenwert der bestehenden Sportstätten ein nicht zu vernachlässigendes Argument darstellt. Geht man von vernunftbegabt und sensibel arbeitenden Politikern und Gremien aus, sollten wir noch einige Kilogramm Kunststoffgranulat in den kommenden Jahren aus unseren Fußballschuhen der gelben Tonne und nicht tonnenweise der Altlastentsorgung zuführen können. Geht man vom Gegenteil aus, sollten wir wieder die Schlittschuhe unserer guten alten Schottereisbahn aktivieren.

Kunstrasen und Mikroplastik
Kunstrasen und Mikroplastik

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